Worte zum Abschied von Martin Kunert
Sehr geehrte Gäste, Brüder und Schwestern, wir sind gekommen um uns heute von Herrn Robert Kunert zu verabschieden. Der Grund, warum wir heute hier sind, ist, dass wir ihm in seinem Leben auf irgendeine Weise begegnet sind, dass er in unserem Leben eine bestimmte Rolle gespielt hat. Selbstverständlich, für jeden von uns Anwesenden war seine Rolle anders. Für seinen Bruder Jan war er der ältere Bruder, mit dem er die gemeinsame Kindheit und sicher viel Gutes erlebt hat. Auch jedes ihrer Treffen war doch voller Erinnerungen an die im Elternhaus in Dolní Čermná verbrachten jungen Jahre. Außer Jan hatte Robert noch zwei Brüder: Václav und Valentin, und zwei Schwestern: Marta und Anna. Neben seinen leiblichen Brüdern hatte Robert auch andere Brüder, damit meine ich die Mitbrüder aus der Gesellschaft Jesu. Sicher war er dort ein vollgültiges und geschätztes Mitglied ihrer Gruppe. Was er für die Schwestern Jesu war und bedeutete, wissen wir wohl alle, das muss ich hier nicht betonen.
Ich will euch sagen, was Robert Kunert für mich bedeutete. Ich habe ihn zwar an seinem Heimatort relativ kurz erlebt, aber diese Erinnerungen habe ich fürs ganze Leben in mir. Für mich war er vor allem der Onkel Robert, er war mein Taufpate, hat den Taufnamen Hieronymus für mich ausgesucht, er stand bei meinen ersten Schrittchen, er war dabei, als ich begann langsam Verstand anzunehmen, er war es, der mir erklärte, wer Gott ist und wie ich mich an ihn wenden soll. Robert wohnte bei uns im Haus in einem Zimmerchen am Dachboden. Er hatte viele Interessen, sammelte allerlei: Münzen, Steine, Abzeichen, alte Bücher, er hatte sogar ein kleines sogenanntes Týn-Museum. Sein komplettes Archiv der Dirt-Track-Rennen in Dolní Čermná ist ein geschätztes Dokument und ohne gleichen aus dieser Zeit. Er war sehr aktiv, oft dachte er sich einen Spaß für uns aus. Wir, alle seine Neffen und Nichten und auch viele Kinder aus der Umgebung, gingen zu ihm. Ständig war um ihn etwas los. Nach jeder Unterhaltung konnte er uns zum Abschluss beruhigen und der Abend endete mit einem gemeinsamen Gebet. Heute bin ich mir im Rückblick bewusst, dass er diese Gabe hatte unser Interesse zu wecken, uns zu beschäftigen und uns dann eine sinnvolle Richtung zu geben. Solcherart sind meine Erinnerungen an meine Kindheit mit Onkel Robert.
Dann habe ich nur noch eine. Onkel Robert fährt irgendwohin weg und wir, mein Cousin Peter und unsere Oma, die Mama von Robert, begleiten ihn zur Autobushaltestelle. Onkel hat einen modischen Mantel an, einen Ballonmantel, und noch bevor er in den Autobus einsteigt, gibt er uns einen Fünfkronenschein. Dann winkt er uns und ist weg. Wir gehen nach Hause, streiten auf dem Weg um die fünf Kronen. Die Oma greift ein, zerreißt den Fünfkronenschein in zwei Hälften, gibt jedem von uns eine mit den Worten: „Damit ihr eine Erinnerung habt.“ Diesen Moment habe ich ständig vor mir. Sie musste ahnen, dass Robert nicht mehr zurückkommt, dass sie ihn in diesem Augenblick womöglich für immer verliert, dass er sein Ziel verfolgt und sie ihn vielleicht nie mehr wiedersieht. Aber sie ging in Ruhe mit uns nach Hause und ich glaube, dass sie es ihm wünschte.
Dann verschwand der Onkel für lange Zeit und mehr als zwanzig Jahre haben wir ihn nicht gesehen. Was sich in dieser Zeit getan hat, wurde schon gesagt oder wird noch gesagt werden. Als dann Robert nach Jahren in sein Heimatdorf zurückkehrte, kamen sympathische und lächelnde Schwestern Jesu mit ihm, die wir zwar nicht verstanden, weil sie nicht tschechisch konnten, aber ich spürte bei ihnen eine so positive Energie, dass ich begriff, dass dieser Onkel Robert dort in der Fremde wirklich etwas Gutes getan haben musste. Dass seine Entscheidung damals von Zuhause wegzugehen richtig war und dass sie ihre Früchte brachte.
Ich verabschiede mich von Robert im Namen der ganzen Familie mit Dank für alles, was wir mit ihm erleben konnten, mit einem Dank für alles, was er in seinem Leben getan hat, und ich verabschiede mich von ihm mit der christlichen Hoffnung auf die Begegnung in der Ewigkeit.